Die Macht der Presse …

Die Macht der Presse …

Die Macht der Presse …

… bekommen speziell im Herbst viele Obst- und Traubensorten zu spüren. Am Ende der Tortur warten Säfte, Obstmost, Wein etc. auf ihren Weg in diverse Flaschen und Trinkgefäße. So auch der oft geschmähte, aber ebenso heroisierte Uhudler im südlichen Burgenland. Klischees und unterschiedliche Zugänge dominieren die Diskussion um dieses Kultgetränk.

 

AUF DEN SPUREN VON NOAH, ISABELLA, ELVIRA & CO.

Tatort

Strem bei Güssing nahe der ungarischen Grenze.

 

Corpus delicti

Direktträger-Traubensorten (auch Hybridsorten genannt), die eine spezielle Resistenz gegen Reblausbefall und bestimmte Pilzkrankheiten besitzen.

 

Endprodukt

Ein Cuvee aus 3 bis 11 Sorten Trauben, der je nach Ausbauart und Zusammensetzung einem hellen Rotwein oder Rose ähnelt und dessen Bukett äußerst intensiv ist bzw. an Walderdbeeren oder Johannisbeeren erinnert. Fachleute bezeichnen den charakteristischen Geschmack als „Fox-Ton“.

Namensherkunft:

Seit über 100 Jahren wird der im Südburgenland beheimatete Uhudler so genannt und erhielt offensichtlich seinen Namen von den Frauen der Weinbauern, weil der Blick nach übermäßigem Konsum einem „Uhu“ glich.

 

Ursachenforschung:

In den 1980-er-Jahren wurde laut wikipedia.de der Begriff „Haustrunk“ im Zuge der Verschärfung des österreichischen Weingesetzes anlässlich des Glykolskandals aus dem Gesetz gestrichen, womit der Uhudler verboten war … Indem die Hauptsorten als Wein erklärt wurden, konnten sie in das burgenländische Weingesetz aufgenommen werden.

Der Herbstbeginn im äußersten Südosten unseres Landes steht seit Menschengedenken im Zeichen der Weinlese und in den Hügeln rund um Güssing und die Pinkataler Weinstraße ist dies vorrangig das Ernten der Uhudlertrauben. 11 sind es zurzeit … laut www.uhudlerkultur.at.

„Uhudlerherstellung ist absolute Handarbeit“

 

Auch im beschaulichen Weingarten der Familie Legath-Koch dreht sich in den letzten Septembertagen des Jahres 2020 alles Tun um das Einbringen von Concordia, Noah, Delaware und Ripatella. Das Vorhaben, an dem die gesamte Familie beteiligt ist, beginnt bereits Tage zuvor mit den Vorbereitungen im Weinkeller.

Genau genommen beginnt der Gesamtprozess im auslaufenden Winter eines „Weinjahres“, wenn ab Februar je nach Temperaturfortschritt mit dem Schnitt der Weinstöcke begonnen wird. Rebenschnitt und Weinbergpflege im Frühjahr sind aber im Grunde genommen schon die Haupttätigkeiten im Wachstumsverlauf der Reblaus resistenten Direktträger, die gänzlich ohne chemische Spritzmittel und Pflanzenschutz auskommen.

„Uhudler ist ein absolutes Bio-Naturprodukt“

Diese Unabhängigkeit von Produkten der mächtigen Chemo-Industrie machte es für den Uhudler anfangs sehr schwer, überhaupt in die Kategorie „Wein“ aufgenommen zu werden. Nur der Unbeugsamkeit einiger Unbeirrbarer, wie dem schon legendären Rübezahl (im Bild 2. von links) in den Hügeln über der Gemeinde Heiligenbrunn, ist es zu verdanken, dass dieses außergewöhnliche Getränk legalisiert und fast schon „salonfähig“ wurde.

Von diesen vergangenen Kämpfen ist bei der Lese 2020 nichts mehr zu spüren – im Gegenteil. Der Tag der eigentlichen Weineinbringung kennt einerseits seinen klaren Ablaufrhythmus, andererseits läuft alles ohne Hektik und Stress ab. In jahrzehntelang trainierten Handlungen wissen alle Beteiligten, was wann zu tun ist. Die Jungen wachsen per „learning by doing“ in den Ablauf hinein und die wenigen „Lese-Neulinge“ schaffen den Einstieg in überschaubarer Kürze.

„Weinlese hat heute den Hauch von Romantik und Brauchtum“

 

Die Handgriffe genießen durchwegs den Spirit von „Romantisierung“ … Abschneiden oder Abreißen der Trauben, Buttentragen, Rebeln, Pressen und erstes Verkosten des „Süßmostes“ gehören zu den „to do“-Listen modernen Lifestyles.

Die Erschwernisse der Arbeiten werden „belastungsneutral“ verteilt und so finden auch die Kleinkinder ihren Platz im Ritual, ebenso wie die 90+ jährigen, deren Tätigkeit sich oft auf Beratung, Verkostung und Verantwortung reduziert.

„Uhudler ist ein Cuvee aus mindestens 3 Traubensorten“

Der Fachmann in der Uhudler-Produktion weiß Bescheid. Mindestens 3 verschiedene Traubensorten sind notwendig, um den Cuvee zum „Heckenklescher“ werden zu lassen, der das Prädikat „Uhudler“ auch verdient. Natürlich haben auch am Weinberg Legath-Koch moderne Verarbeitungsmethoden Einzug gefunden, aber der Ablauf bleibt stets gleich: die abgeschnittenen Trauben werden mittels Körben, Kübeln oder Kisten in den Pressraum gebracht, wo sie zuerst im „Rebler“ landen.

Hier geht die echte Handarbeit weiter und die manuell angetriebene Kurbelmaschine trennt die Trauben von Rebe und Stängel bzw. werden zerquetscht. Dieses Konglomerat wandert nun per Eimer in die von Hand betriebene Presse und rinnt als „Süßmost“ in den Sammelbottich, wo als nächstes die Messung des Zucker- und Alkoholgehalts sowie die unumgängliche Verkostung erfolgen.

„Je nach Trauben bekommt der Uhudler seinen typischen rötlichen Farbton“

Erst jetzt geht es für das „Zwischenprodukt“ in das Fass, wo es in den kommenden Wochen und Monaten zum Endprodukt reifen wird. Die für den Weinberg der Familie Legath-Koch typische zart-rötliche Farbe bekommt der Uhudler durch den spürbaren Anteil an weißen Trauben, wie Noah und Delaware. Den Geschmack bestimmt hauptsächlich die dominante Ripatella-Traube.

Der Ertrag fällt diesmal wieder äußerst zufriedenstellend aus, als „Hauptkriterium“ zeigte sich bei der Lese wieder einmal die Pergola beim Weinstöckl, die schon traditionell stark bewachsen ist und dem „Lese-Team“ einiges Geschick abverlangt. Dafür entschädigen danach die gemessenen 17 „Klosterneuburger Zuckergrade“ und die Gesamtausbeute von rund 350 Liter für jegliche Mühe.

„Am Ende einer Weinlese warten Speis und Trank“

Selbstverständlich gleitet der Tag mit einem deftigen Mahl in der nachmittäglichen Sonne auf der Terrasse aus … Temperaturen um die 25°C sind in dieser Region auch zu dieser Jahreszeit keine Seltenheit. Verkostung der regionalen Spezialitäten wie Blaufränkisch, Welschriesling, Merlot und natürlich Uhudler darf zum deftigen „Schmaus“ nicht fehlen. Und dass sich beim anschließenden Lagerfeuer die Gespräche kaum noch um die vergangenen Mühen drehen, ist ebenso klar wie die Tatsache, dass es auch 2021 wieder heißen wird: „Wui sein!“ oder „Wohl bekomm’s!“